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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Beschluss verkündet am 02.10.2007
Aktenzeichen: 19 B 1207/07
Rechtsgebiete: SchulG NRW, AO-GS


Vorschriften:

SchulG NRW § 11 Abs. 4
SchulG NRW § 87 Abs. 1
AO-GS § 8 Abs. 7 Satz 1
1. Die Vorschriften über den Übergang von der Grundschule in die weiterführende Schule in § 11 Abs. 4 SchulG NRW genügen dem Gesetzesvorbehalt im Sinne der Wesentlichkeitstheorie.

2. Überträgt das Schulamt die Leitung des Prognoseunterrichts einem teilweise an das Schulamt abgeordneten Leiter einer Grundschule, ist dieser, soweit er diese Aufgabe wahrnimmt, hauptamtlich tätiger Schulaufsichtsbeamter im Sinne von § 87 Abs. 1 SchulG NRW, § 8 Abs. 7 Satz 1 AO-GS.


Tatbestand:

Der Antragsteller wollte zum Schuljahr 2007/2008 die Klasse 5 der Realschule besuchen. Die Grundschule empfahl mit dem Halbjahreszeugnis der Klasse 4 als für ihn geeignete Schulform die Hauptschule und die Gesamtschule, nicht aber die Realschule. Der Antragsteller nahm daraufhin am Prognoseunterricht teil, den ein zu diesem Zweck an das Schulamt (teil-)abgeordneter Grundschulrektor leitete. Das Schulamt ließ den Antragsteller wegen offensichtlicher Nichteignung zum Besuch der Realschule nicht zu. Dieser beantragte, das Schulamt im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihn vorläufig zum Besuch der Realschule zuzulassen. Er machte geltend, die neuen Regelungen für den Übergang zur weiterführenden Schule seinen verfassungswidrig, weil sie nicht dem Gesetzesvorbehalt genügten und gegen die Schulformwahlfreiheit verstießen. Zudem rügte er die Besetzung der Kommission für den Prognoseunterricht. Eilantrag und Beschwerde blieben ohne Erfolg.

Gründe:

Der Antragsteller kann nicht beanspruchen, nach Abschluss der Klasse 4 der Grundschule zum Besuch einer Realschule im Schuljahr 2007/2008 (vorläufig) zugelassen zu werden. Er erfüllt unstreitig nicht die Voraussetzungen für den Übergang zur Realschule nach § 11 Abs. 4 SchulG NRW vom 15. 2. 2005 (GV. NRW. S. 102) in der Fassung der zum 1. 8. 2006 in Kraft getretenen Änderung durch Gesetz vom 27. 6. 2006 (GV. NRW. S. 278) i. V. m. § 8 der Verordnung über den Bildungsgang in der Grundschule (Ausbildungsordnung Grundschule - AO-GS) vom 23. 3. 2005 in der Fassung der Änderung vom 5. 7. 2006 (BASS 13-11 Nr. 1.1).

Diese Regelungen schränken entgegen der Auffassung des Antragstellers in verfassungsrechtlich zulässiger Weise die Schulformwahlfreiheit ein. Diese ist vom Erziehungsrecht der Eltern aus Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG, Art. 8 Abs. 1 Satz 2 LV NRW sowie dem Grundrecht der Schülerin oder des Schülers auf Erziehung und Bildung aus Art. 2 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 Satz 1 LV NRW umfasst, das nach Maßgabe des elterlichen Bestimmungsrechts gewährleistet ist und Schülern hinsichtlich der Bestimmung des Bildungswegs keine gegenüber dem Elternrecht weitergehenden Rechte vermittelt. Die Vereinbarkeit der schulrechtlichen Bestimmungen mit den genannten Grundrechten hat das VG in dem angefochtenen Beschluss zutreffend und ausführlich begründet. Hierauf nimmt der Senat Bezug. Das Beschwerdevorbringen rechtfertigt keine andere Beurteilung.

Das VG ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Schulformwahlfreiheit der Eltern nicht grenzenlos gewährleistet ist. Zu dem der elterlichen Bestimmung grundsätzlich entzogenen staatlichen Gestaltungsbereich aufgrund des in Art. 7 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 3 LV NRW normierten staatlichen Bildungs- und Erziehungsauftrages gehört u.a. die Bestimmung der Voraussetzungen für den Zugang zur Schule und den Übergang von einem Bildungsweg zum anderen. Danach kann das Landesrecht die Aufnahme eines Schülers in die verschiedenen Bildungswege vom Vorliegen eignungs- und leistungsbezogener Zulassungsvoraussetzungen abhängig machen und erkennbar ungeeigneten Schülern den Zugang zur gewünschten Schulform versagen.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 28. 9. 2000 - 19 E 691/00 -, juris Rn 7 f, m. w. N. zu der Rechtsprechung des BVerfG und des Senats.

Der Antragsteller macht ohne Erfolg geltend, § 11 Abs. 4 SchulG NRW genüge nicht dem Gesetzesvorbehalt im Sinne der Wesentlichkeitstheorie.

Das Rechtsstaatsgebot und der darin enthaltene Vorbehalt des Gesetzes (Art. 20 Abs. 3 GG) sowie das Demokratieprinzip (Art. 20 Abs. 2 GG) verpflichten den Gesetzgeber, auch im Schulwesen die wesentlichen Entscheidungen selbst zu treffen und nicht der Schulverwaltung zu überlassen. Wann es danach einer Regelung durch den parlamentarischen Gesetzgeber bedarf, lässt sich nur im Blick auf den jeweiligen Sachbereich und auf die Eigenart des betroffenen Regelungsgegenstandes beurteilen. Die verfassungsrechtlichen Wertungskriterien sind dabei den tragenden Prinzipien des Grundgesetzes, insbesondere den darin verbürgten Grundrechten, zu entnehmen. Danach bedeutet wesentlich im grundrechtsrelevanten Bereich in der Regel "wesentlich für die Verwirklichung von Grundrechten". Je schwerwiegender oder einschneidender die Grundrechtseinschränkung ist, desto mehr spricht dafür, dass der auszufüllende Rahmen im Gesetz selbst vorgezeichnet sein muss.

Vgl. nur BVerfG, Beschlüsse vom 24. 9. 2003 - 2 BvR 1436/02 -, BVerfGE 108, 282 ff. = NJW 2003, 3111, 3116, und vom 26. 6. 2002 - 1 BvR 670/91 -, NJW 2002, 2626, 2629; Urteil vom 12. 5. 1998 - 1 BvR 1640/97 -, BVerfGE 98, 218, 251; Beschluss vom 20. 10. 1981 - 1 BvR 640/80 -, BVerfGE 58, 257, 268 f., jeweils m. w. N.

Das Rechtsstaatsgebot und das Demokratieprinzip des Grundgesetzes erfordern bei derartigen Grundrechtsbeschränkungen jedoch nicht stets eine gesetzliche Regelung, die jede Einzelheit oder nähere Einzelheiten der Grundrechtsbeschränkung regelt. Die in Art. 20 Abs. 2 GG als Grundsatz normierte organisatorische und funktionelle Unterscheidung und Trennung der (Staats-) Gewalten, die auch darauf abzielen, dass staatliche Entscheidungen von den Organen getroffen werden, die dafür nach Organisation, Zusammensetzung, Funktion und Verfahrensweisen über die besten Voraussetzungen verfügen, dürfen nicht durch einen Gewaltmonismus in Form eines umfassenden Parlamentsvorbehalts unterlaufen werden.

BVerfG, Urteile vom 12. 5. 1998 - 1 BvR 1640/97 -, a. a. O., S. 252, und vom 18. 12. 1984 - 2 BvE 13/83 -, BVerfGE 68, 1, 87.

Einer gesetzlichen Regelung der Einzelheiten bedarf es deshalb je nach dem geregelten Sachbereich dann nicht, wenn der parlamentarische Gesetzgeber die Grundzüge festgelegt hat, lediglich deren nähere Ausgestaltung in Rede steht und bei der konkreten Ausgestaltung vielgestaltige Lebensverhältnisse in den Blick zu nehmen sind, die der Gesetzgeber nur durch allgemein gehaltene Formulierungen oder Generalklauseln lösen könnte. Mit dahingehenden gesetzlichen Vorgaben wäre eine Entscheidung zur Sache in Wirklichkeit nicht verbunden.

BVerfG, Beschlüsse vom 26. 6. 2002 - 1 BvR 670/91 -, a. a. O., S. 2630, 6. 6. 1989 - 1 BvR 921/85 -, BVerfGE 80, 137, 162 f., und 20. 10. 1981 - 1 BvR 640/80 -, a. a. O., S. 275 f.

Nach Maßgabe dieser Grundsätze erfordern das Rechtsstaatsgebot und das Demokratieprinzip keine über § 11 Abs. 4 SchulG NRW hinausgehende gesetzliche Regelung über die Zulassung zur gewählten Schulform, weil die wesentlichen Bestimmungen im Gesetz getroffen sind.

Die Entscheidung über die Zulassung zur Schulform nach Beendigung der Grundschule stellt eine - auch unter Berücksichtigung des später grundsätzlich möglichen Wechsels der Schulform - wichtige, oft den weiteren Bildungs- und Lebensweg entscheidend prägende Maßnahme dar; sie kann den Zugang zu bestimmten weiteren Bildungswegen absehbar nachteilig beeinflussen und die Chance für eine freie Berufswahl schmälern. Dies verlangt, dass der Gesetzgeber die wesentlichen Voraussetzungen der Zulassung zur gewählten Schulform, die Zuständigkeit für die Entscheidung und die Grundzüge des dabei einzuhaltenden Verfahrens selbst regelt.

Vgl. zur Entlassung von der Schulform nach mehrfacher Nichtversetzung BVerfG, Beschluss vom 20. 10. 1981 - 1 BvR 640/80 -, a. a. O., S. 275.

Diesen Anforderungen genügt § 11 Abs. 4 SchulG NRW. Die Voraussetzung der Zulassung bzw. Nichtzulassung zu einer von den Eltern gewählten Schulform regelt das Gesetz mit dem Kriterium der (Nicht-)Eignung für die gewählte Schulform und nach dem Maßstab der Offensichtlichkeit. Das Eignungskriterium findet sich konkretisiert in § 1 Abs. 2 SchulG NRW, wonach neben dem Willen der Eltern die Fähigkeiten und Neigungen der Schülerin oder des Schülers den Bildungsweg bestimmen und ihnen der Zugang zur schulischen Bildung nach Lernbereitschaft und Leistungsfähigkeit offen steht. Als weitere gesetzliche Vorgaben für die Beurteilung der (Nicht-)Eignung sind für die Schulformempfehlung der Grundschule als die erste Stufe des Übergangsverfahrens der Leistungsstand, die Lernentwicklung und die Fähigkeiten der Schülerin oder des Schülers (§ 11 Abs. 4 Satz 1 SchulG NRW) und für die zweite Stufe nach der Schulformwahl der Eltern eine "pädagogische Prognose" (Satz 3) bestimmt, für welche selbstverständlich (auch) auf die Kriterien nach Satz 1 zurückgegriffen werden kann. Bezugspunkt des Kriteriums (Nicht-)Eignung für die gewählte Schulform ist das Anforderungsprofil der jeweils gewählten Schulform. Ob die Schülerin oder der Schüler aller Voraussicht nach den Anforderungen der gewählten Schulform gewachsen sein wird, ist Inhalt des Merkmals Eignung und bedarf daher nicht der ausdrücklichen gesetzlichen Bestimmung. Den gesetzlichen Bestimmungen selbst ist daher ohne Weiteres zu entnehmen, dass sich die Eignung für die gewählte Schulform an dem Anforderungsprofil auszurichten hat, das durch Gesetz schulformspezifisch für die Hauptschule und das Gymnasium in §§ 14 Abs. 1, 16 Abs. 1 SchulG NRW und - was hier von Belang ist - in § 15 Abs. 1 SchulG NRW für die Realschule bestimmt ist. Danach vermittelt Letztere ihren Schülerinnen und Schülern eine erweiterte allgemeine Bildung, die sie entsprechend ihren Leistungen und Neigungen durch Schwerpunktbildung befähigt, nach Maßgabe der Abschlüsse ihren Bildungsweg in berufs- oder studienqualifizierenden Bildungsgängen fortzusetzen. Daraus folgt, ohne dass es einer weitergehenden Regelung im Gesetz bedürfte, dass das gesetzliche Kriterium der (Nicht-)Eignung nicht an der für alle Schulformen maßgeblichen Mindestvoraussetzung der Versetzung von der Grundschulklasse 4 in die Klasse 5 der Sekundarstufe I auszurichten ist.

Entgegen der Auffassung des Antragstellers war der Gesetzgeber nicht verpflichtet, die "Zulassungsschranke" (zur gewählten Schulform) etwa in der Gestalt eines näher konkretisierten "Leistungsniveaus" selbst zu bestimmen. Die Normierung eines bestimmten Leistungsniveaus für die jeweilige Schulform etwa als Durchschnittsnote aller oder bestimmter Unterrichtsfächer der Grundschule mag ein zulässiger Weg sein, die Eignung für die gewählte Schulformen differenziert festzulegen. Entspricht es aber der Zielsetzung des Gesetzgebers, diesen Weg nicht zu gehen oder nicht dem Verordnungsgeber vorzugeben, vgl. Begründung des Regierungsentwurfs des 2. Schulrechtsänderungsgesetzes vom 28. 3. 2006, LT-Drs. 14/1572, S. 80 f., sondern die Zulassung zur gewählten Schulform im Rahmen der gesetzgeberischen Gestaltungsfreiheit von der individuellen Eignung der Schülerin oder des Schülers und der pädagogischen Prognose im konkreten Einzelfall abhängig zu machen, so ist dies bei der gerichtlichen Prüfung zu respektieren. Es ist - wie auch in anderen Regelungsbereichen - dem Gesetzgeber überlassen, bei der abstrakt-generellen Normierung von Zulassungsvoraussetzungen zu Berechtigungen und damit der Einschränkung grundrechtlicher Freiheiten an unbestimmte, aber durch Auslegung konkretisierbare Rechtsbegriffe anzuknüpfen, hierbei prognostische Elemente zu wählen und die Prüfung und die Entscheidung im konkreten Einzelfall einer rechtlich und fachlich kompetenten Stelle in einem geregelten Verfahren zu überantworten.

Als Maßstab für die Eignungsbeurteilung ist in § 11 Abs. 4 Sätze 3 und 5 SchulG NRW ausdrücklich die Offensichtlichkeit bestimmt. Offensichtlich ist die (Nicht-)Eignung, wenn diese sich aufdrängt und ersichtlich keinem Zweifel unterliegt. Damit hat der Gesetzgeber selbst geregelt, dass eine Schülerin oder ein Schüler nur dann nicht zu der gewählten Schulform zugelassen wird, wenn die Eignung ersichtlich zweifelsfrei ausgeschlossen ist, dass sich die Schulformwahl der Eltern aber durchsetzt, wenn die Schülerin oder der Schüler mit Einschränkungen für die gewählte Schulform geeignet ist, und auch dann, wenn Zweifel hinsichtlich der Eignung verblieben sind.

Vgl. zum jeweiligen Landesrecht Bay. VGH, Beschluss vom 7. 11. 1996 - 7 CE 96.3145 -, BayVBl 1997, 431, 432; ferner auch zum Fehlen materieller Maßstäbe für das Eignungskriterium Thür. OVG, Beschluss vom 22. 10. 1996 - 1 EO 539/96 -, juris Rdnr. 6; VG Berlin, Beschluss vom 23. 8. 2000 - 3 A 715/00 -, NVwZ 2001, 948, 949 f., und Urteil vom 2. 7. 1999 - 3 A 1753/96 -, juris Rdnr. 36 - 38.

Der Gesetzgeber hat ferner die Zuständigkeit für die Entscheidung über die Zulassung zur gewählten Schulform selbst bestimmt, indem nach § 11 Abs. 4 Satz 5 SchulG NRW die abschließende Entscheidung über eine offensichtliche Nichteignung das Schulamt trifft.

Schließlich sind in § 11 Abs. 4 SchulG NRW die Grundzüge des einzuhaltenden Verfahrens geregelt. Auf der ersten Stufe des in der Verantwortung der beteiligten Schulen und der Schulaufsicht liegenden Übergangsverfahrens (Satz 4) erstellt die Grundschule mit dem Halbjahreszeugnis der Klasse 4 eine zu begründende Schulformempfehlung (Sätze 1 und 2). Diese belässt den Eltern nach Beratung durch die Grundschule (formell) die Entscheidung über den weiteren Bildungsgang (Satz 3). Auf der zweiten Stufe des Übergangsverfahrens findet ein Prognoseunterricht statt, auf dessen Grundlage das Schulamt die abschließende Entscheidung über eine offensichtliche Nichteignung trifft (Satz 5). Aus diesem Regelungszusammenhang erschließt sich, dass der Prognoseunterricht nicht in jedem Fall des Wechsels von der Grundschule zur weiterführenden Schule die maßgebliche Grundlage für die Zulassung zur gewählten Schulform ist. Ansonsten ergäbe die Gliederung des Verfahrens nach Schulformempfehlung der Grundschule, Entscheidung der Eltern und Entscheidung des Schulamts nach Prognoseunterricht keinen Sinn. Als Grundzug des Verfahrens ist § 11 Abs. 4 SchulG NRW selbst vielmehr zu entnehmen, dass nach der Erteilung der Grundschulempfehlung die Eltern über den weiteren Bildungsweg entscheiden und dass der Prognoseunterricht nur dann Grundlage der abschließenden Entscheidung ist, wenn die Eltern eine Schulform gewählt haben, die der Grundschulempfehlung nicht entspricht. Weiter hat der Gesetzgeber selbst bestimmt, dass nicht eine individuelle Aufnahmeprüfung, sondern ein Prognoseunterricht, also eine in Unterrichtsform - typischerweise mit einer Lerngruppe - durchgeführte Schulveranstaltung (für die die Teilnahmepflicht nach § 43 Abs. 1 SchulG NRW gilt) Grundlage der Zulassungsentscheidung ist. Daraus erschließt sich als selbstverständlich und nicht ausdrücklich im Gesetz regelungsbedürftig auch, dass dieser Unterricht von Lehrkräften erteilt wird und auch deren Leistungsbewertung und Eignungsbeurteilung für die Entscheidung des Schulamts maßgeblich ist. Die weiteren Einzelheiten des Übergangsverfahrens konnte der Gesetzgeber der Regelung durch den Verordnungsgeber überlassen, den er hierzu in Satz 4 ermächtigt hat. Insgesamt gibt es damit im Gesetz eine alle wesentlichen Fragen umfassende Regelung, die sich auf den erklärten objektivierten Willen des Gesetzgebers zurückführen lässt.

Der Antragsteller macht mit der Beschwerde weiter geltend, die Regelung zum Prognoseunterricht in § 11 Abs. 4 SchulG NRW i. V. m. § 8 AO-GS nehme nicht genügend Rücksicht auf seine und seiner Eltern Schulformwahlfreiheit, indem das Letztentscheidungsrecht über die Schulform in der Hand des Schulamts liege. Dieser Einwand greift nicht durch. (Wird ausgeführt, wie OVG NRW, Beschluss vom 2. 8. 2007 - 19 B 1058/07 -)

Entgegen dem Beschwerdevorbringen ist der Prognoseunterricht, an dem der Antragsteller teilgenommen hat, nicht deshalb verfahrensfehlerhaft durchgeführt worden, weil ihn ein an das Schulamt zur ordnungsgemäßen Durchführung des Prognoseunterrichts in der Zeit vom 23. bis zum 27. 4. 2007 (teil-)abgeordneter Rektor einer Grundschule geleitet hat. Das den Prognoseunterricht durchführende Gremium war auch insofern in Übereinstimmung mit § 8 Abs. 7 AO-GS besetzt, weil der Grundschulleiter durch die Abordnung nach Beamtenrecht Schulaufsichtsbeamter des Schulamts im Sinne von § 8 Abs. 7 AO-GS war.

Was unter einer Schulaufsichtsbeamtin und einem Schulaufsichtsbeamten zu verstehen ist, ist dem Beamtenrecht und § 87 Abs. 1 SchulG NRW zu entnehmen. Danach wird die Schulaufsicht durch hauptamtlich tätige, schulfachlich und verwaltungsfachlich vorgebildete Beamtinnen und Beamte ausgeübt. Durch die (Teil-)Abordnung nach § 29 Abs. 1 LBG NRW an das Schulamt wurde dem Grundschulleiter zur Durchführung des Prognoseunterrichts das Amt (im konkret-funktionellen Sinn) eines Schulaufsichtsbeamten, also bei einer anderen Dienststelle als der Grundschule der konkrete Aufgabenbereich eines Schulaufsichtsbeamten übertragen. Die Abordnung bewirkte, dass er - unter Beibehaltung des Amtes als Leiter einer Grundschule - bezüglich des ihm konkret zugewiesenen Aufgabenbereichs dienstrechtlich dem Schulamt zugeordnet war und den Weisungen der für diese Beschäftigungsdienststelle zuständigen Vorgesetzten unterstand.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 4. 5. 1972 - II C 13.71 -, BVerwGE 40, 104 ff. = juris Rdnr. 22 f.; OVG NRW, Beschluss vom 24. 5. 1988 - CL 64/86 -, NWVBl 1988, 374.

Bei der Leitung des Prognoseunterrichts hat der Grundschulleiter das Amt als Schulaufsichtsbeamter auch hauptamtlich wahrgenommen. Der fachgesetzlich im Beamtenrecht geprägte Begriff des Hauptamtes oder "hauptamtlich" dient der Abgrenzung zum Begriff des Nebenamtes oder "nebenamtlich".

Vgl. VerfGH NRW, Urteil vom 15. 1. 2001 - VerfGH 40/00 -, NWVBl 2002, 101, 104.

Ob der einem Beamten - hier durch (Teil-)Abordnung - übertragene konkrete Aufgabenbereich hauptamtlich und nicht nebenamtlich wahrzunehmen ist, beurteilt sich, da ein Nebenamt einen nicht zu einem Hauptamt gehörenden Kreis von Aufgaben umfasst, danach, ob die konkreten Aufgaben ihrer sachlichen Art nach kraft der Organisationsgewalt des Dienstherrn dem in Rede stehenden Hauptamt - hier eines Schulaufsichtsbeamten - zugeordnet sind.

Vgl. BVerwG, Urteile vom 17. 10. 1985 - 2 C 79.81 -, BVerwGE 72, 160 ff. = juris Rdnr. 16 f., und vom 4. 5. 1972 - II C 13.71 -, a. a. O., Rdnr. 23; Schütz/Maiwald, Beamtenrecht des Bundes und der Länder, Teil C, § 3 LBG NRW, S. 14 a.

Hier ist davon auszugehen, dass die Aufgabe der Leitung des Prognoseunterrichts bei den Schulämtern dem Hauptamt der Schulaufsichtsbeamtinnen und -beamten zugewiesen ist und daher der Grundschulleiter diese Aufgabe hauptamtlich wahrgenommen hat. Denn die Wahrnehmung von dienstlichen Aufgaben im Hauptamt ist die Regel. Hinzu kommt hier, dass die Leitung des Prognoseunterrichts und die Mitwirkung bei der Überzeugungsbildung über die offensichtliche Nichteignung der betroffenen Schüler eine ganz wesentliche (hoheitliche) Funktion der Schulaufsichtsbehörde mit Blick auf ihre Entscheidung über die Nichtzulassung zur gewählten Schulform ist.

Entgegen dem Beschwerdevorbringen stellt es keine faktische Umgehung der Regelung in § 8 Abs. 7 AO-GS über die konkret bestimmte Zusammensetzung des den Prognoseunterricht durchführenden Gremiums dar, wenn dessen Leitung einem an das Schulamt (teil-)abgeordneten Grundschulleiter übertragen wird. Dieser ist bei der Wahrnehmung der ihm zugewiesenen Aufgabe, wie ausgeführt, hauptamtlich tätiger Schulaufsichtsbeamter im Sinne des § 8 Abs. 7 AO-GS, § 87 Abs. 1 SchulG NRW. Auch insofern ist das Verfahren bei der Durchführung des Prognoseunterrichts, wie der Antragsteller es verlangt, "strikt" eingehalten.

Die Leitung des Prognoseunterrichts einem (teil-)abgeordneten Grundschulleiter zu übertragen läuft auch nicht Sinn und Zweck des § 8 Abs. 7 AO-GS zuwider. Der Grundschulleiter ist gleichermaßen wie (sonstige) Schulaufsichtsbeamte zum einen in der Lage, durch die persönliche Leitung des Prognoseunterrichts und die gleichberechtigte Mitwirkung bei der Eignungsbeurteilung die rechtliche und fachliche Verantwortung wahrzunehmen, die das Schulamt nach § 8 Abs. 7 Satz 1 AO-GS für die Durchführung des Prognoseunterrichts trägt. Denn infolge der (Teil-)Abordnung ist er Schulaufsichtsbeamter und dienstrechtlich wie ein sonstiger Schulaufsichtsbeamter in die Behörde Schulamt eingebunden. Im Hinblick auf die dem Schulaufsichtsbeamten übertragene Funktion der Leitung des Prognoseunterrichts ist zum anderen nicht ersichtlich, dass ein Grundschulleiter typischerweise nach Sachkunde und beruflicher Erfahrung hinter einem nicht (teil-)abgeordneten Schulaufsichtsbeamten zurücksteht. Dies gilt sowohl hinsichtlich der Anwendung der zu beachtenden Rechts- und Verwaltungsvorschriften, der Organisation der Rahmenbedingungen des dreitägigen Prognoseunterrichts, der Planung des konkreten Unterrichtsablaufs (Verteilung der Unterrichtsfächer und Aufgabenstellungen auf die Unterrichtstage, Einsatz der Lehrkräfte, die den Unterricht erteilen, nach Unterrichten und Beobachten) wie auch hinsichtlich der vom Schulministerium vorgegebenen Teile des Prognoseunterrichts (Aufgabenformate) und hier der Zuordnung von Lösungen zu unterschiedlichen Kompetenzstufen. Organisations- und Leitungsfunktionen der bei der Durchführung des Prognoseunterrichts vorausgesetzten Art gehören typischerweise zum Aufgabenbereich eines Leiters einer Grundschule. Besonderheiten kann - wie hier geschehen - durch eine Einführung in spezifische Aufgabenstellungen durch das Schulamt Rechnung getragen werden. Dass aus längerer Tätigkeit von Schulaufsichtsbeamten auf anderen Aufgabengebieten des Schulamts nach § 86 Abs. 2 und 3 SchulG NRW wie Fach- und Dienstaufsicht eine besondere Sachkunde und berufliche Erfahrungen erwachsen, die für die Organisation und die Leitung des Prognoseunterrichts unverzichtbar oder erheblich sind, kann nicht angenommen werden. Ebenso wenig kann davon ausgegangen werden, dass die pädagogische Kompetenz eines Grundschulleiters für die Beobachtung des Lern- und Leistungsverhaltens der Schüler im Prognoseunterricht, die Leistungsbewertung und die Eignungsbeurteilung derjenigen eines (sonstigen) Schulaufsichtsbeamten nachsteht. Insgesamt gibt es keinen Anhalt dafür, dass die Qualität der Leitung des Prognoseunterrichts und der pädagogischen Prognose über die Eignung für die gewählte Schulform weniger gewährleistet sind, wenn ein (teil-)abgeordneter Grundschulleiter die Funktion des Schulaufsichtsbeamten bei der Durchführung des Prognoseunterrichts wahrnimmt. Dass dies auch im konkreten Fall gilt, hat das VG im Hinblick auf die Qualifikation des eingesetzten Grundschulleiters überzeugend ausgeführt. Dem tritt der Antragsteller mit der Beschwerde nicht entgegen.

Nichts anderes gilt, soweit angenommen wird, dass der den Prognoseunterricht leitende Schulaufsichtsbeamte auch die Rolle eines "neutralen Dritten" gegen den beiden Lehrkräften aus der Grundschule und der weiterführenden Schule haben soll. Der Umstand der Abordnung eines Grundschulrektors führt nicht aus sich heraus dazu, dass er die Funktion des Schulaufsichtsbeamten nicht auch in dieser Hinsicht ausüben kann. Gegenteiliges ist hier weder vorgetragen noch ersichtlich.

Ende der Entscheidung

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